Ene-mene-muh? Smarter Than You!
Konter schlägt Attacke, Attacke schlägt Pfeil, Pfeil schlägt Konter – diese oberflächliche Abwandlung des Schere, Stein, Papier-Prinzips stellt die spielmechanische Grundlage von Smarter Than You dar. Was sich zu Beginn recht langweilig anhört, erweist sich dank drei Faktoren jedoch als zeitweilig unterhaltsames Psychologie-Spielchen: Die Kommunikation in Form einer Gratwanderung zwischen Lüge und Wahrheit, das charmante Belohnungssystem sowie das Warten.
Sobald man eine neue Runde Smarter Than You eröffnet, wird jedem der drei Symbole (Konter, Attacke, Pfeil) eine eher niedrige einstellige (potenzielle) Schadenszahl zugeteilt. Bevor man einen der Angriffstypen auswählt, beeinflusst man diese Schadenszahl, indem man einen Satz aus bis zu fünf vorgefertigten Bausteinen generiert. Dabei ist jedem Wort eine bestimmte Steigerung zugeteilt; so erhöht “Why” den Schaden der Attacke, “are” von Pfeil sowie Attacke, “never” von Pfeil und Konter, etc.
Diese Sätze – egal, ob sie nun sinnvolle oder nichtige Aussagen treffen (so sind auch Sätze wie “You should play 10000000” möglich) – werden auch den Gegner*Innen präsentiert, die daraufhin eine Gegenreaktion aussuchen. So entspinnt sich ein interessantes psychologisches Duell. Nehmen wir die Aussage “Arrow looks too obvious” als Beispiel: Der Satz steht erstmal nicht in Zusammenhang mit einer Person, sondern kann beide Spielparteien meinen. Es stellt sich die Frage, wessen Pfeil zu offensichtlich wäre.
Je nachdem, wie verkopft man ist, könnte die Denkreaktion folgendermaßen aussehen: “Meine Gegner*Innen denken, dass ich denke, dass ein Pfeil meinerseits zu offensichtlich wäre. Sollte ich ihren ‘Ratschlag’ ignorieren und einfach darauf hoffen, dass sie mich nur verwirren wollten – also doch einen Pfeil schießen? Oder aber haben sie genau das eingeplant und denken, dass ich nun einen Konter spielen werde, weil ich ja annehme, dass sie annehmen, … ARRRGH!
— M.E.T.I.S (@M_E_T_I_S) 24. September 2014
Genau dieses Nachdenken und die damit verbundene, manchmal quälend lustvolle Wartezeit bis zur Aufschlüsselung der Situation machen Smarter Than You von Luca Redwood zu einem unterhaltsamen Spiel für das Warten an der Bushaltestelle. Über eine halbe Million Menschen haben das Spiel bereits kostenlos für ihr iOS-Gerät heruntergeladen. Es gibt keine nervtötende Werbung und auch keine den Spielverlauf sowie -erfolg beeinflussenden In-App-Käufe. Doch dank des eingangs erwähnten Belohnungssystems kann man Redwood doch noch das verdiente Geld in den Rachen schmeißen.
Nach jeder Partie Smarter Than You erhält man nämlich Erfahrungspunkte, mit denen man nach und nach eine Stufe aufsteigen kann. Damit verbunden sind nur minimale Änderungen: Mal gibt es neue Gestaltungsmöglichkeiten für den Avatar, mal wird die Anzahl der parallel spielbaren Partien erhöht. Die Menge der Erfahrungspunkte des Gegenübers können von den Spieler*Innen mitbestimmt werden: Entweder bleibt es bei den üblichen 100 Prozent – oder aber es werden sogar 150, 200 oder 300. Das hat aber seinen Preis. Ein Zufallsgenerator wählt dabei aus, ob diese Steigerung kostenlos bleibt oder aber 0,89, 1,79 oder 2,69 Euro kosten würde. Ob Redwood damit reich wird, bleibt abzuwarten, aber spannend ist das in meinen Augen schon: Käufe als Akt der Großzügigkeit in einem solch simpel strukturiertem Spiel einzubauen, könnte sich als profitabler Metakommentar auf die Mobilspiele-Branche erweisen.