Thumper: Tunnelblick
Wer damals im Deutsch-Leistungskurs Franz Kafkas Die Verwandlung gelesen und dabei gedacht hat, dass sich der Stoff doch prima für ein rauschinduzierendes Rhythmusspiel eignen würde, für den habe ich gute Nachrichten: Thumper ist dieses Spiel.
Zwischen erfolgreicheren Genre-Vertretern, die sich mit ihren Plastikinstrumenten und japanischen Synthesepopsternchen eher fröhlich und bunt präsentieren, wirkt Thumper ungewohnt düster und rumpelig. Als eine Art Käfer auf Schienen gleitet man durch eine Reihe an langgestreckten, von Tentakeln umgebenen Tunneln und versucht, im richtigen Moment mit einem Knopfdruck oder einer Stick-Bewegung den Beat zu treffen. Dieser ähnelt in vielen Abschnitten einem bedrohlichen Stampfen oder einer sperrigeren Version von Stomp und verabscheut nahezu klassische Songstrukturen. Ein beständiges Brodeln, das auch in den ruhigen Momenten für anhaltende Anspannung sorgt.
Diese Momente der Ruhe sind rettende Inseln in einem Meer aus Druck- und Schallwellen, die einem in ungeheurer Geschwindigkeit entgegenschlagen. Thumper verzeiht dabei nie mehr als einen Fehler, von denen man meistens mindestens zwei macht und den Käfer so zum Platzen bringt. Diese Form der Unerbittlichkeit passt perfekt zum Konzept dieses Stimmungssonderlings, dürfte aber ähnlich wie Kafkas Riesenkäfer die meisten Menschen eher abstoßen. Was schade ist, da das Bewältigen der surrealen Bossgegner am Ende eines jeden Tunnels wahrlich jedweden Schmerz, den man auf dem Weg dorthin gespürt haben mag, vergessen macht.
Thumper hat seine biologische Nische gefunden und überragt in dieser. Es wirkt wie aus einem Guss, geschliffen und reduziert, damit sein Kern in hellstem Glanz erstrahlen kann. Doch zu diesem vorzudringen und dessen Brillanz zu erkennen, erfordert das Nehmen zahlreicher Hürden und einiges an Geduld. Das sagte übrigens vor etlichen Jahren auch meine Deutschlehrerin, bevor sie uns “Die Verwandlung” aushändigte. Doof, dass ich erst zu spät verstanden habe, was sie damit gemeint haben könnte.